26. März 2024

|
Auftaktveranstaltung der Akademie SB

Genetische Diagnostik und Therapie – Wie wird sich die Medizin verändern?

© BÄK SBvon links nach rechts Prof. Dr. Ute Spiekerkötter, Dr. Paula Hezler-Rusch, Prof. Dr. Dr. Judith Fischer, Prof. Dr. Heiko Becker

Auftaktveranstaltung der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung Südbaden am 20.03.2024

Zum 30-jährigen Jubiläum der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung Südbaden widmete sich die Auftaktveranstaltung den neuen Möglichkeiten in der genetischen Diagnostik und Therapie. Innovative Trends aus Forschung und Anwendung medizinischer Genetik wurden von Referentinnen und Referenten aus dem Universitätsklinikum Freiburg vorgestellt. Die Veranstaltung fand im Haus der Ärzte in Freiburg statt und wurde live ins Internet übertragen.

Die Präsidentin der Bezirksärztekammer Südbaden, Dr. Paula Hezler-Rusch, schilderte in ihrer Begrüßung die wissenschaftlichen Fortschritte in der Genetik, verwies aber auch auf die Relevanz der Voraussetzungen für genetische Untersuchungen und Beratungen nach dem Gendiagnostikgesetz.

Über Chancen, Herausforderungen und (Rechts-)Grundlagen im medizinischen Alltag berichtete Prof. Dr. Dr. Judith Fischer, Ärztliche Direktorin des Instituts für Humangenetik des Universitätsklinikums Freiburg. Die genetische Diagnostik ermöglicht eine präzise Identifikation genetischer Ursachen von Krankheiten, erlaubt die Früherkennung genetischer Faktoren und dient als wichtige Unterstützung in der klinischen Diagnose. Fischer erläuterte, dass Sequenziermethoden immer umfangreicher werden und die „Whole-Genome-Sequenzierung“ zur Standardmethode heranwächst. Sie betonte, dass Ärzte für die genetische Diagnostik nicht nur über ein fundiertes Fachwissen verfügen, sondern auch rechtliche Aspekte berücksichtigen müssen.

Prof. Dr. Ute Spiekerkötter, Ärztliche Direktorin der Klinik für Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg, beleuchtete die Entwicklungen zum genomischen Neugeborenenscreening. Die Untersuchung des Erbguts von Neugeborenen stellt die wirksamste Maßnahme der Sekundärprävention dar, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen und spezifisch zu therapieren. Stand der Technik ist das genomische Screening, womit in Deutschland insgesamt 19 Zielkrankheiten untersucht werden können. Spiekerkötter sieht darin, in Kombination mit biochemischen Screenings zur individuellen Risikowahrscheinlichkeit, ein großes Potenzial. Die Schwierigkeit besteht jedoch in der Festlegung der Zielkrankheiten. Nicht zuletzt muss sichergestellt werden, dass Eltern hinreichend aufgeklärt und beraten werden.

Die Möglichkeiten der personalisierten, molekular stratifizierten Therapie in der Onkologie stellte Prof. Dr. Heiko Becker, Oberarzt und Forschungsgruppenleiter der Klinik für Innere Medizin I – Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation – am Universitätsklinikum Freiburg, vor. Technische Fortschritte auf dem Gebiet der molekularen Genetik erlauben eine präzise genomische Charakterisierung maligner Tumore mittels Untersuchung von Tumorgewebe oder Blut. Im Gegensatz zur Chemotherapie sollen durch gezieltes Eingreifen in die Prozesse der Krebsentwicklung bessere Behandlungsergebnisse erzielt und Nebenwirkungen reduziert werden. Becker verwies auf das Molekulare Tumorboard am Universitätsklinikum Freiburg, welches in interdisziplinären Teams individuelle Therapiemöglichkeiten identifiziert.

Fazit der Veranstaltung ist, dass die technischen und methodischen Fortschritte in der genetischen Diagnostik und Therapie die Gesundheitsforschung und -versorgung verbessern können, aber auch bestehende Wertvorstellungen auf die Probe stellen.